11. Dez. | Antirassistische Demonstration „Grenzen abschaffen und Alle bleiben“
15:00 vor der Gemeinschaftsunterkunft in der Schulstraße 11 (in Jena-Ost)
Am Freitag werden wir in Jena gemeinsam mit unseren geflüchteten Freund_innen und Genoss_innen auf die Straße gehen, um unseren gemeinsamen Kampf gegen den gesellschaftlichen und staatlichen Rassismus in Deutschland sichtbar zu machen. Informiert euch unter deutlichwerden.blogsport.de! Es folgen die Termine im Vorfeld und nach der Demo sowie der Aufruf zur Demo.
08.Dez | Transpi malen und Schilder basteln
Um aussagekräftiges Material vorzubereiten treffen wir uns am Dienstag vor der Demo ab 12Uhr im „Frei(t)raum“ des Studierendenrates der FSU. Den Raum findet hinter der Cafeteria am Campus in der Carl-Zeiss-Straße 3.
09.Dez | Mobi-Kundgebung „Deutlich werden!“
Kommt am Mittwoch ab 16Uhr zum Johannistor. Dort wollen wir die letzte Ladung Flyer und Infos unter die Leute in der Innenstadt bringen und uns schonmal ein wenig einstimmen.
11.Dez. | „Antirassistische Kämpfe ausweiten!“
Diskussionsveranstaltung mit Aktivist_innen aus Leipzig, Lübeck, Gotha und Jena zu Erfahrungen und Perspektiven antirassistischer Praxis, praktischer und politischer Solidarität mit Geflüchteten.
19Uhr | Haus auf der Mauer (Johannisplatz 26)
12.Dez. | Antifaschistische Nachttanzdemo
Gemeinsam auf die Straße gegen den Nazi-Fackelmarsch in Eisenberg.
16Uhr | Landeserstaufnahmestelle (Jenaer Straße 41)
mehr auf rakobre.blogsport.de
Der Aufruf: GRENZEN ABSCHAFFEN & ALLE BLEIBEN!
Der Rechtsruck in Europa, die langanhaltende PEGIDA-Bewegung und ihre Nachahmer, langhaltende AfD-Demonstrationen in Erfurt, rassistische Übergriffe, Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte, angstschürende Medienberichte und reaktionäre Politiker_innenaussagen – zweifellos haben wir es mit einer rechten Mobilisierung ungeahnten Ausmaßes und neuer Dimension zu tun. Die wachsende Anzahl von Menschen, die nach Deutschland wollen, ist für Rechtspopulist_innen und Nazis der verunsichernde Boden, auf dem sie ihre rassistische Meinungsmache vorantreiben können.
In diesem Kontext spitzt sich die politische Situation zu: Asyrechtsverschärfungen, Grenzschließungen, die Mittelmeertoten, miserable Bedingungen in den Lagern und verschärfte Ausbeutung von migrantischer Arbeit sind das traurige Ergebnis der jüngsten Entwicklungen. Auf der anderen Seite haben die sogenannte „Willkommensbewegung“, verschiedene Fluchthilfekonvois und die zahlreichen Geflüchtetenproteste an den Grenzzäunen und in den Lagern (erst im Oktober für mehrere Tage im südthüringischen Suhl) gezeigt wie es anders gehen kann: Solidarisch und kämpferisch für eine Welt ohne Grenzen. Diese Impulse gilt es politisch weiter zu entwickeln, genauso wie eine kritischen Haltung gegenüber den Verhältnissen, die die jene katastrophalen Zustände dieser Zeit hervorbringen.
Antifaschist_innen und Unterstützer_innen von Geflüchteten laufen jedoch den unüberschaubaren und beängstigenden Ereignissen und Problemen seit Monaten mit zunehmender Ohnmacht hinterher. Es ist deshalb Zeit, zumindest Antwortversuche zu wagen, nicht immer nur auf Gegendemos zu gehen, sondern zusammen zu kommen, um laut und deutlich für eine antifaschistische und antirassistische Bewegung einzutreten. Lasst uns deutlich werden!
Das Problem heißt Rassismus
Seit Winter 2014 formiert sich Sügida, dann Thügida, jede Woche in verschiedenen Orten Thüringens. Im Herbst hatten wir erschreckend große AfD-Aufmärsche in Erfurt um den Protofaschisten Björn Höcke. Rechtspopulistische Strömungen bilden eine gefährliche Mischung organisierter Neonazis, rassistischer Wutbürger_innen und konservativer Machtpolitiker_innen. Dabei gehen neonazistische Strukturen gestärkt aus dieser „Zusammenarbeit“ hervor.
Die Folgen der zunehmenden Stärke und Salonfähigkeit rechter Meinungsmache äußern sich in der massiven Zunahme rechter Übergriffe. Allein in Thüringen gab es dieses Jahr mindestens 14 Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte. Auch in Jena gab es im letzten Jahr mehrere rassistische Angriffe; Beleidigungen und Verleumdungen gegen vermeintlich nicht wie Herkunftsdeutsche aussehende Menschen sind an der Tagesordnung.
Rassistische Gewalt auf der Straße steht in Wechselwirkung mit den jüngst getroffenen politischen Entscheidungen. Die sogenannte „Flüchtlingskrise“ ist die Grundlage für politische Entscheidungen über die Lebensumstände von Geflüchteten, welche vor einiger Zeit undenkbar gewesen wären. Asylrechtsverschärfungen, schnellere, leichtere und unangekündigte Abschiebungen, repressive Grenzpolitik und die grauenhaften Zustände in den Lagern werden mit der angeblichen Überforderung gerechtfertigt. Das ist die Realität in Deutschland, welches sich als „Willkommensweltmeister“ inszeniert.
Das Problem fängt weder bei Nazis an, noch hört es dort auf. Teil davon sind rassistische Meinungsmache und Bedrohungsrhetorik in den Medien ebenso wie die von Deutschland maßgeblich mitverantwortete Abschottungspolitik der EU und der Aufwind rechtspopulistischer Bewegungen. Rassismus tritt in verschiedener Gestalt auf, sei es durch die sogenannten ‚besorgten Bürger_innen‘ oder als ‚politische Notwendigkeit‘, die mit vermeintlichen Sachzwängen umzugehen hat. Darum ist es umso wichtiger, Rassismus zu benennen, wo er uns begegnet.
„Flüchtlingskrise“? Was hat das mit Kapitalismus zu tun?
Auf diese bedrückende Situation gibt es keine leichten Antworten. Es kann sie auch gar nicht geben, weil wir tatsächlich in einer unübersichtlichen und komplizierten Welt leben. Fest steht für uns: Die sogenannte Flüchtlingskrise gibt es nicht. Die Probleme sind andere und schwieriger zu benennen. Trotzdem können wir sagen, dass die Ursachen der herrschenden Gewalt in Staat, Nationalismus und Kapitalismus begründet liegen. Dies sind keine hohlen Phrasen, sondern Ausdrücke und Beschreibungen der Verhältnisse, in denen wir leben und die wir täglich konkret zu spüren bekommen.
Das kapitalistische, profitorientierte Wirtschaftssystem führt dazu, dass wir uns in andauernder Konkurrenz mit anderen Menschen befinden. Das bedeutet Leistungsdruck, Ungleichheit und Verwertungsdenken. In der aktuellen Debatte finden wir dies wieder: Geflüchtete werden aufgeteilt in „gut“ und schlecht“. Die „nützlichen“ Facharbeitskräfte dürfen bleiben, während sogeannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ in Sonderlager gesteckt und abgeschoben werden. Besonders Roma aus den angeblich „sicheren Herkunftsländern“ im Balkan sind die Leidtragendeen dieses menschenfeindlichen Nützlichkeitsdenkens.
Die Konkurrenz findet auch zwischen Nationalstaaten statt und schafft ein globales Ungleichgewicht. Der Kapitalismus produziert Armut, Krieg, Vertreibung und Umweltzerstörung, welche für viele Menschen ein Grund sind, zu fliehen. Die Refugee-Bewegung hat das selbst auf den Punkt gebracht mit dem Slogan: „Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört!“
Nationalismus und Rassismus entstehen nicht als Reaktion auf die Migrationsbewegung, sondern sind fest in der Gesellschaft und unseren Köpfe verankerte Strukturen. Das „Wir-gegen-Die“-Denken ist Teil dieser Ideologien. Rechtspopulist_innen, konservative Kräfte und Verschwörungstheorien knüpfen an dieses Denken an und bedienen die Ängste der Menschen, die von kapitalistischer Konkurrenz und Ungleichheit unter Druck gesetzt werden. Sie bieten scheinbar einfache – aber irreführende – Antworten…
Grenzen abschaffen & alle bleiben!
… Dagegen setzen wir die Vorstellung einer besseren, menschenwürdigen, gewaltfreien Gesellschaft. Dies ist kein bloßes Gedankenspiel, sondern gelebte Hoffnung und alltägliches Aufbegehren gegen die uns umgebenden Verhältnisse. Wenn wir von einer „grenzenlosen Welt“ reden, meinen wir tatsächlich die inneren und äußeren Grenzen Europas abzuschaffen. Wir meinen aber vor allem, alle Trennungen zu überwinden und alle Herrschaftsverhältnisse anzugreifen, die Menschen in Konkurrenz und Ungleichheit setzen und sie in Ausbeutung und Unterdrückung halten.
Alle die hier her kommen müssen oder wollen, sollen ohne Bedingungen kommen und bleiben – egal aus welchen Ländern und warum auch immer. Wir wissen: Sie haben viele und berechtigte Gründe. Wir befinden uns in einem der reichsten Länder der Erde, welches seinen Reichtum durch die schonungslose Ausbeutung der Umwelt, der arbeitenden Menschen und brutale internationale Machtverhältnisse erzeugt. Wir sagen dagegen: Es ist genug für alle da! Die seit Jahren von Geflüchteten erhobenen Forderungen haben in diesen Zeiten rassistischer Mobilmachung und der Aushebelung des Asylrechtes mehr denn je ihre Berechtigung: Abschaffung des Lagersystems, Stopp aller Abschiebungen, volle Bewegungsfreiheit.
Zeit praktisch zu werden!
Die sogenannte „Willkommensbewegung“ hat praktische Unterstützung organisiert, wo die staatliche Verwaltung aufgrund politischen Unwillens notwendigerweise versagen musste. Sie hat gezeigt, dass der rassistische Mob zwar am lautesten ist, aber keineswegs die einzige Antwort von Menschen, auf die Herausforderungen der Situation zu reagieren. Darum fordern wir alle auf, die von sich behaupten, eine antirassistische Einstellung zu haben, weiter zu denken, sich kritisch zu positionieren und auf die Ursachen und Zusammenhänge zu schauen, welche die unhaltbaren Lebensbedingungen von Geflüchteten hervorbringen.
Unser intuitives Aufbegehren darf nicht bei Appellen an politische Machthaber_innen und karikativen Verschenkaktionen an Geflüchtete stehen bleiben. Es soll von der Wohltätigkeit zu einer echten politischen Solidarität wachsen, was politische Bewusstseinsbildung und Organisierung verlangt. Den Menschenfeinden, Rechtspopulisten und Neonazis gilt es entschlossen entgegen zu treten – bei Demonstrationen und nicht weniger in unserem Alltag. Wir nehmen für uns in Anspruch, eigene Politik zu machen, wollen nicht vertreten werden, sondern uns zusammenschließen, um eigene Perspektiven zu entwickeln. Dabei wollen wir unsere Kritik an den herrschenden Verhältnissen zum Ausdruck bringen, politisch handeln und uns gemeinsam organisieren. Eine Kritik an den linken Parteien in der Regierung ist angesichts der katastrophalen Entwicklungen in Thüringen deshalb ebenfalls unbedingt notwendig. Sie ist verantwortlich für die Aussetzung des Winterabschiebestopps und das Herunterspielen des entwürdigenden Umgangs mit Geflüchteten. Lasst uns darum gemeinsam mit den Geflüchteten kämpfen und ihre politischen Forderungen unterstützen! Der rechten Mobilmachung dieser Zeit müssen wir als Antifaschist_innen entschlossen begegnen, aber all die Nazis und Rassist_innen, sollten uns nicht davon abhalten, eigene Akzente zu setzen. Lasst uns deshalb deutlich werden und mit unserer eigenen Position aus der Deckung kommen:
Für eine grenzenlose, solidarische, befreite Gesellschaft!
Solidarität mit allen Geflüchteten!
Grenzen abschaffen und alle bleiben!